VOM WEISSEN SAFT ZUM SCHWARZEN GUMMI
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KAUTSCHUK HÄLT DIE WELT IN BEWEGUNG
70 % der weltweiten Kautschukproduktion wird in der Reifen - und Autoindustrie verwendet.
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40.000 PRODUKTE
30 % der weltweiten Kautschukproduktion dient der Herstellung von über 40.000
Produkten des industriellen persönlichen Bedarfs.
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BEEINDRUCKENDE HOLZNUTZUNG
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Während ihrer Umtriebszeit absorbieren Kautschukplantagen CO2 und wirken so dem Klima-
wandel entgegen. Nach der Fällung wird ihr wertvolles und vielseitig verwendbares Holz der
Holzindustrie zugeführt und zu zahlreichen Bau- und Holzprodukten verarbeitet.

Reifenindustrie – Goodyear will die Welt der Reifen und des Service neu ausrichten

Anfangs Juni hat Goodyear einer Gruppe von Reifen- und Branchenfachleuten vorgestellt, wie sich das Unternehmen die Reifenzukunft vorstellt, respektive an welchen diesbezüglichen Projekten der Konzern arbeitet. Im Folgenden fassen wir den Bericht von Christian Marx, dem Verlagsleiter der Fachzeitschrift „Neue Reifenzeitung“, zusammen.

Einerseits will sich der Konzern mittels seiner sensorbasierten und künstliche Intelligenz nutzenden Lösung „SightLine“ und einem Strategiefokus namens FACES (Flotten, autonom, connected bzw. vernetzt, elektrisch sowie sustainable bzw. nachhaltig) vom Reifenhersteller zum Mobilitätsanbieter wandeln.

Andererseits will der Reifengigant mit der Entwicklung seiner Luftlosreifen sozusagen den Reifen neu erfinden und damit – ähnlich wie die Autobranche – in eine neue Ära der Mobilität vordringen. Im Unterschied zu den Visionen von Mitbewerbern ist das aus Konzernsicht allerdings nicht gleichbedeutend damit, dass konventionelle luftgefüllte Reifen obsolet würden. „Während luftgefüllte Reifen immer ihren Platz haben werden, werden auch kombinierte Lösungen für diverse Anwendungen gefragt sein. Autonome Fahrzeuge können zum Beispiel von der Wartungsfreiheit eines luftlosen Reifens profitieren, während andere Fahrzeuge vielleicht immer noch den traditionellen Reifen bevorzugen werden“, erklärt der Reifenhersteller.

Goodyears luftlose Reifen, auch NPTs (Non-Pneumatic Tyres) genannt, bestehen aus drei Komponenten: dem Scherband einschließlich der Lauffläche, dem Verbindungssteg und dem Rad. Dabei macht laut Goodyear der Verbindungssteg „den entscheidenden Unterschied“ aus, trage diese Struktur in Kombination mit dem Scherband doch das Gewicht des Fahrzeuges und ermögliche letztlich ein komfortables Fahrgefühl. „Der nicht pneumatische Reifen ist in diesem Fall eine technische Konstruktion, die allerdings nicht starr ist. Stellen Sie sich das Rad eines Zuges vor: Es ist aus Stahl und schwer; das ist ebenso ein luftloser Reifen. Oder ein Gummiring, mit dem ein hölzernes Wagenrad beschlagen ist, ist auch eine Art von luftlosem Reifen. Was wir jedoch entwickelt haben, ist ein spezielles Produkt, durch welches das Gewicht des Fahrzeuges über Zugspannung aufgenommen wird. Nur so erzielt man den Komfort eines luftgefüllten Reifens“, sagt Michael Rachita, Senior Program Manager für luftlose Reifen im Hause Goodyear.

Abgesehen davon werden bei alldem insbesondere Wartungsfreiheit und Verlässlichkeit als Vorteile luftloser Reifen herausgestellt, zumal diese Aspekte in einer Welt, in der autonome Fahrzeuge immer häufiger zum Einsatz kämen und viele Städte Transport-as-a-Service- beziehungsweise TaaS-Strategien anbieten, von großer Bedeutung seien.

Bei einem luftlosen Reifensatz müsse eben nicht der Druck kontrolliert beziehungsweise regelmäßig überwacht werden und es gebe keinen Plattfuß mehr, sodass ein mit nicht pneumatischen Reifen von Goodyear ausgestattetes Fahrzeug weiterfahren könne, selbst wenn es zu einem Schaden bei ihnen komme.

„Die luftlose Struktur bedeutet, dass der Reifen, selbst wenn er eine Reihe von Verbindungsstegen verlieren würde, viele Kilometer weiterlaufen könnte, ohne dass man sich Sorgen machen müsste“, betont Rachita die Ausfallsicherheit des Konzeptes.

Damit verbindet das Unternehmen eine höhere Leistung im Transportbereich beziehungsweise längere Betriebszeiten beispielsweise von Carsharing-Flotten oder autonomen Fahrzeugen. Goodyear strebt eigenen Angaben zufolge jedenfalls eine Zulassung dieser Technologie in den USA an, wobei dieses Ziel nach Unternehmensangaben allerdings „noch einige Jahre entfernt“ sei, da man noch an weiteren technischen Innovationen diesbezüglich arbeite.

Die Praxiserprobung luftloser Reifen an autonomen Fahrzeugen und Lieferrobotern für die letzte Meile läuft und soll dem Hersteller ermöglichen, Konstruktion, Materialien und Herstellungsverfahren kontinuierlich weiterzuentwickeln.

Die Entwicklung nicht pneumatischer Reifen bei Goodyear steht im Zeichen des ehrgeizigen Ziels, bis 2030 den ersten zu 100 Prozent aus nachhaltigen Materialien bestehenden und wartungsfreien Reifen auf den Markt zu bringen.

Überdies wird aber noch in anderer Hinsicht auf den Nachhaltigkeitsaspekt verwiesen. Wie Rachita sagt, würden schließlich viele konventionelle Reifen „schon früh entsorgt“ wegen einer Panne oder eigentlich vermeidbarer Probleme, resultierend etwa aus einem zu geringen Fülldruck, während nicht pneumatische Reifen aufgrund solcher Dinge nicht aus dem Verkehr gezogen werden müssten und insofern einen Beitrag zur Verringerung des in Verbindung mit Reifen stehenden Abfalls leisteten.

Trotzdem ist man bei Goodyear überzeugt, dass Luftreifen „in absehbarer Zeit nicht verschwinden“ werden, selbst wenn mit luftlosen Modellen eine Reihe von Vorteilen bzw. neuer Möglichkeiten verbunden werden. Insofern hat der Hersteller mit seinem „SightLine“-Konzept eine weitere Lösung im Köcher – eben gerade für konventionelle Reifen, zumal es illusorisch erscheint, dass sämtliche autonomen Fahrzeuge und Flottenfuhrparks von heute auf morgen auf luftloser Bereifung unterwegs sind.

Insofern kommen aus Sicht des Anbieters Reifendaten eine Schlüsselfunktion zu, wenn es darum geht, etwa bei autonomen / voll automatisierten Fahrzeugen die Sicherheit zu verbessern beziehungsweise Zeit und Kosten rund um Betrieb und Wartung zu sparen. Sensoren und Konnektivität werden in diesem Szenario genutzt, um Reifen „intelligent“ zu machen respektive dafür, um quasi mit ihnen „sprechen“ zu können. Goodyears „SightLine“-Konzept für intelligente Technologien im Reifen umfasst demnach vernetzte Lösungen, die durch die Verwendung von Echtzeitdaten und das profunde Verständnis der Reifendynamik dazu beitragen können, Probleme zu identifizieren und zu lösen, bevor sie offen zutage treten.

„Die Idee hinter Goodyears ‚SightLine‘ ist es, die Reifenintelligenz zu demokratisieren. Reifenintelligenz ist nichts Neues. Sie ist in speziellen Anwendungen bereits vorhanden. Doch jetzt ist es an der Zeit, dass sie allen Fahrern und Fahrzeugen zur Verfügung steht“, sagt Sosia Causeret Josten, die seit 2019 in der Position als New Venture Specialist bei dem Reifenhersteller beschäftigt ist.
Obwohl das Ganze als übergreifendes Konzept beschrieben wird, liegt der Fokus nach Unternehmensangaben derzeit (noch) auf Lkw-Flotten im Baugewerbe sowie Flotten im Außendienst und der Zustellung auf der letzten Meile.

„In der ersten Anwendung bietet ‚SightLine‘ mehrere Optionen von der Komplettlösung mit Reifensensoren und einem Dongle, der an die OBD-Einheit (On-Board-Diagnose) des Fahrzeugs angeschlossen ist, bis hin zu einer vollständigen Integration in bestehende Telematiksysteme, die alle Echtzeitdaten an die ‚SightLine‘-Cloud übertragen können, wo sie zu einem intelligenten Algorithmus verarbeitet werden“, so Causeret Josten.

„Diese Konnektivität ermöglicht Flottenbetreibern und Fahrern, den Fuhrpark effizienter zu verwalten, indem sie reifenbedingte Ausfallzeiten verhindert und damit die Ausfallkosten senkt.

Durch die kontinuierliche Überwachung und entsprechend rechtzeitige Reaktionen kann der Flottenmanager den Einsatz seiner Fahrzeuge gezielter steuern – ein entscheidender Vorteil“, unterstreicht sie. Als digitales Produkt würden neue Funktionen permanent aktualisiert, wobei „SightLine“ in der ersten Phase die Erkennung von Reifenschäden, das Monitoring von Reifen geparkter Fahrzeuge und die Luftdrucküberwachung umfasse.

Zu erwartende zukünftige Features sind demnach die automatische Reifenortung, die Verminderung des Kraftstoffverbrauches durch eine optimierte Reifendrucküberwachung, eine Abschätzung der Reifenlast, die gerade vorhandene Haftung auf der Straße, die Reifenidentifizierung und die Überwachung des Profilverschleißes.

In Zukunft wird „SightLine“ den Angaben Goodyears zufolge auch in die Erstausrüstung der Automobilhersteller integriert werden können, um so durch entsprechende Sicherheitsfunktionen die Fahrzeugsteuerungssysteme zu unterstützen. Aquaplaning-Warnungen und die allgemeine Überwachung des Reifenzustandes werden in diesem Zusammenhang als Beispiele genannt. „In Bezug auf das Kundenerlebnis zielt Goodyear darauf ab, den gesamten Prozess des Besitzes, der Wartung und des Fahrens eines Fahrzeugs nahtloser und reibungsloser zu gestalten“, erläutert Causeret Josten. „Dies kann bedeuten, dass – wenn eine Warnung eingeht, dass die Reifen in den nächsten 500 Kilometern abgenutzt sein werden – eine App einen Termin bei einem bevorzugten Reifenhändler vereinbaren würde. Das heißt, dass an dem Tag, an dem das Fahrzeug in der Werkstatt ist, die Reifen verfügbar sind; der Fahrer muss sich um nichts kümmern. Alles wird für ihn verwaltet“, sagt sie unter Verweis auf ein Mehr an Effizienz bei zugleich niedrigeren Kosten als daraus resultierende Vorteile.

Performancebezogene Funktionen sind ein weiterer Bereich, in dem „SightLine“ Vorteile bringen soll, insbesondere in Bezug auf die Sicherheit. „Egal, welche Reifen Sie haben, das ABS-System reagiert in der Regel immer auf die gleiche Weise. Wenn das ABS jedoch erkennen kann, dass das Fahrzeug auf halb abgenutzten Sommerreifen fährt, kann es schneller reagieren und Bremswege verkürzen. Dieser Vorteil kann eine wichtige Rolle in einer autonomen Zukunft spielen, in der das Fahrzeug selbst reagieren muss“, erklärt Causeret Josten.

Technologien wie diese könnten jedoch eine noch wichtigere Rolle spielen, etwa wenn sich ein Fahrzeug mit zu stark abgenutzter Bereifung wegen des damit verbundenen Unfallrisikos erst gar nicht starten lässt. Zudem könnten mittels „SightLine“ Rückmeldungen zum Straßen- und Reifenzustand gesammelt und die „Reifenintelligenz“ zu Präzisionsverbesserungen von Fahrerassistenzsystemen sowie in Bezug auf vernetzte autonome Fahrzeuge genutzt werden, blickt man bei Goodyear noch ein wenig weiter in die Reifenzukunft. Noch befinde sich „SightLine“ in der Pilotphase mit weltweit 1.000 Fahrzeugen; eine breitere Implementierung Ende 2022 wird jedoch für möglich gehalten.

22.06.2022 - Zum Marktreport Q2-4-2022