Herausforderungen für die deutsche Kautschukindustrie trotz positiver Umsatzzahlen

Trotz eines beeindruckenden ersten Halbjahres, in dem der Branchenumsatz im Vergleich zum Vorjahr um 13,2 Prozent auf 5,9 Milliarden Euro gestiegen ist, schlägt der Wirtschaftsverband der deutschen Kautschukindustrie (wdk) Alarm. Er warnt vor rückläufiger Produktion, sinkender Kapazitätsauslastung und einer Abnahme bei den Beschäftigungszahlen.

Das scheinbar starke Wachstum von fast zehn Prozent im Reifensektor und ein beachtlicher Anstieg von 15 Prozent im übrigen Kautschuksektor wird laut wdk durch schwache Vorjahreszahlen relativiert.

Tatsächlich ist die Produktion im ersten Halbjahr um 4,5 Prozent zurückgegangen, wobei sowohl die Reifenproduktion als auch die Herstellung technischer Elastomerprodukte betroffen gewesen sind. Die Branchenauslastung lag bei 78,2 Prozent und die Beschäftigungszahl ist um 1,4 Prozent gesunken.

„Die Nachfrage ist in vielen wichtigen Geschäftsbereichen der deutschen Kautschukindustrie gesunken“, erklärt Michael Berthel, Chefökonom des wdk. Er fügt hinzu: „Dies betrifft den Baubereich, die Fertigungsindustrie und insbesondere den Maschinenbau sowie Konsumgüter.“

Im Reifensektor ist laut Berthel ein besorgniserregender Rückgang von 15 Prozent bei den Verkäufen von Pkw-Reifen und ein dramatischer Einbruch der Nachfrage nach Nutzfahrzeugreifen um 30 Prozent im Vergleich zum Vorjahr zu verzeichnen.

Ähnliche Herausforderungen betreffen auch die Automobilindustrie. Obwohl die Lieferanten für die Automobilindustrie im ersten Halbjahr signifikant mehr Lieferungen an Fahrzeughersteller gemeldet haben, resultiert dieser Anstieg ausschließlich aus zuvor verschobenen Bestellungen und basiert somit auf einem extrem niedrigen Ausgangsniveau. Ein möglicher Rückgang in der Fahrzeugproduktion könnte für die Zulieferer der Autoindustrie daher ernsthaft bedrohlich werden.

Berthel warnt eindringlich davor, dass Deutschland seinen internationalen Wettbewerbsvorteil verlieren könnte.

Die Kautschukindustrie benötigt wettbewerbsfähige Energiepreise, die durch die Senkung der Stromkosten für kleine und mittlere Unternehmen sowie niedrigere Energiesteuern und Netzentgelte erreicht werden könnten.

Um die aktuellen Herausforderungen zu bewältigen, ist nach Berthel eine „qualitätsgetriebene industrielle Transformation“ sowie die Schaffung angemessener Rahmenbedingungen unerlässlich, insbesondere für die deutsche Kautschukindustrie.

04.10.2023 - Zum Marktreport Q4-6-2023